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Yazd - ein Juwel mit Prachtsbauten

In Yazd trafen wir auf erstaunlich viele Individual-Touristen - während wir im Rest vom Land meist nur auf Gruppenreisen aus Frankreich und Deutschland trafen. Neben den super netten Begegnungen mit den Einheimischen genossen wir das Labyrinth der Altstadt, in der wir auch wohnten.

Kurz nach 18.00 Uhr - es ist bereits ziemlich dunkel - treffen wir in Yazd ein. Das Bus-Terminal liegt etwas ausserhalb in einem modernen Stadtteil. Unser Taxi-Fahrer will 20'000 Toman und ruft unser gewünschtes Hotel an. Ich frage den Herrn am Telefon, ob er ein Zimmer für uns hat und wieviel ein Taxi kosten könnte. Etwa 12'000 Toman - unser Taxi Fahrer ist sofort mit dem Preis einverstanden. Das Auto ist am anderen Ende des Busbahnhofes parkiert, so dass wir mit unseren Rücksäcken ein paar Minuten laufen müssen.

Als wir Richtung City Center fahren, wandelt sich die Szenerie der Stadt - die modernen, gesichtslosen Bauten werden von sandfarbenen, zweistöckigen und charaktervollen Wohnhäusern abgelöst. Der Taxi-Fahrer biegt in eine enge Gasse ein, die nur unwesentlich breiter als das Auto ist. Die letzten paar Meter zum Hotel Dalan-e Behesht müssen wir zu Fuss gehen, da diese Gasse nun definitiv zu eng für das Taxi ist. Unser Fahrer begleitet uns bis zur Hotel-Tür, um sicher zu gehen, dass wir auch am richtigen Ort sind. Dem sehr sympathischen, eleganten wie auch gutaussehenden Rezeptionist richten wir zuerst die Grüsse von Ibrahim aus, dem Holländer aus Shiraz, der uns dieses Hotel empfohlen hat. Unser Adonis spricht sehr gut Englisch und hat super Manieren. Er spricht langsam und in einem angenehmem Ton. Im selben, ruhigen Ton handle ich den Preis für das Zimmer auf USD 30 runter.

Im gemütlichen und überdachten Innenhof mit den typischen Hochbetten (Takhts) hängen rund ein Dutzend ausländische Touristen herum - so viele haben wir noch nie gesehen. Das Zimmer hat zwar nur eine Türe zum Innenhof und kein Fenster, jedoch ist es geräumig, hat drei Betten und Dusche/WC, Klimaanlage und Wifi - wir fühlen uns sofort wohl in der Unterkunft. Noch schnell Papierkram erledigen, dann uns endlich den verschwitzten Kleidern entledigen und duschen. Ahhhhh!

Es steht sogar eine Waschmaschine zur allgemeinen Verfügung. Nachdem wir uns ein bisschen erfrischt haben, gehen wir auf die Suche nach etwas Essbarem. Nicht weit entfernt gibt es Poulet vom Holzkohlen-Grill. Der Hunger verführt uns dazu grad ein ganzes schön braun grilliertes Federvieh zu kaufen. Essen dürfen wir am Tisch im Innenhof des Hotels. Bevor wir todmüde ins Bett fallen, lesen und schreiben wir noch ein bisschen.


Pasta! - Mittwoch, 31. Mai 2017

Wir schlafen wieder mal so richtig aus - erst gegen 09.00 Uhr erwachen wir. Mit Kaffee, Toast, Butter und Konfitüre starten wir in den Tag. Im Innenhof des Hotels dürfen wir uns sogar ohne Kopftuch bewegen. Was für eine Wohltat! Heute ist Waschtag angesagt. Wir plaudern miteinander und wenn wir mal eine stabile Internet-Verbindung haben, checken wir unsere Mails und die News. Wobei bei den News-Seiten doch ziemlich viel zensuriert ist und oft sind auch sehr harmlose Artikel aufgrund von automatischen Sperren nicht zugänglich. Dafür erscheint ein Farsi-Text, den wir natürlich nicht entziffern können. Facebook ist im Iran verboten, dafür ist Instagram zugänglich. Aufgrund der vielen Anfragen für meinen Instagram-Account, musste ich diesen aus der Versenkung ziehen und wieder aktivieren. Gegen Mittag machen wir uns bereit um die Gegend zu erkunden. Aber erst wollen wir nun endlich unsere Postkarten senden, die wir schon seit Tagen rumschleppen. Der neue Rezeptionist macht sich lustig über uns, als wir ihm sagen, dass wir nun zur Post wollen. "Die Post ist nur bis 11.00 Uhr offen." Wir machen lange Gesichter. Er meint dann nur: "Müsst halt früher aufstehen!"

Wir schlendern durch die menschenleeren Gassen und stellen fest, dass wir mittels Wegweisern viele Sehenswürdigkeiten ganz einfach finden. Jedoch ist vieles aufgrund der Mittagshitze noch geschlossen. Auch der Bazaar ist erst wieder gegen 17.00 Uhr offen. Wir treffen auf einen Touristen aus Thailand, der uns ein bisschen durch die Gassen begleitet und von seiner Reise erzählt. Lucia und ich entdecken dann ein schönes Untergrund-Restaurant um etwas kleines zu Essen. Dazu hat der Thai keine Zeit, er muss um 16.00 Uhr schon wieder irgendwo sein. Aufgrund einer grossen Reklametafel draussen vor dem Tür sind wir davon ausgegangen, dass es sich nicht nur um ein Restaurant sondern auch um ein Spa Center handelt. Ohhh, ich habe mich bereits auf dem Massage-Schragen gesehen .... eine Rückenmassage wäre jetzt genau das richtige. Für Maniküre wäre ich auch zu haben. Doch weit gefehlt, es sei einfach nur ein Restaurant und eine junge Frau wurde herbei gerufen, mit der wir uns sogar auf Deutsch unterhalten konnten. Sie lebe seit 8 Jahren in Stuttgart und ist zu Besuch in ihrer alten Heimat. Sie erklärt uns, dass es hier kein Spa gebe, da müssten wir schon eher nach Tehran! Hmmm, aber auf dem grossen Plakat steht: Hotel Mehr, Spa, Goldenhands. Sie wusste nichts von einem Spa-Angebot. Das soll mal einer verstehen. Jedenfalls bestellten wir in dieser schönen Ambiente, das definitiv an einen Vorraum für ein schönes Spa erinnerte, einen sehr feinen Salat. Wir sitzen auf dem Boden, essen und schwatzen. Die Zeit vergeht so schnell.

Langsam kehrt Leben in die Gassen und wir entdecken eine alte Bäckerei, wo für den täglichen Bedarf fleissig gebacken wird. Im Tourist-Informations-Büro kühlen wir uns etwas ab (Klimaanlage!) und sprechen mit der netten und hilfsbereiten Frau, die uns Tipps gibt und unsere Fragen beantwortet. Wir würden gerne noch einen Ausflug machen. In die Wüste, in die Berge? Einfach was bodenständiges, wo es nicht viele Touristen hat. Sie macht uns einige Vorschläge. Ideal wäre, wenn wir von dort aus direkt nach Esfahan, zu unserer End-Destination, fahren könnten. Wir werden uns die Vorschläge durch den Kopf gehen lassen, bevor wir entscheiden wohin uns unsere Reise noch führen soll. Nachdem wir stundenlang in den Labyrinth-Gassen der Adobe-Altstadt umhergewandert sind, finden wir sogar den Heimweg wieder. Im sympathischen und easy going Guesthouse Behesht Dalan gönnen wir uns etwas Ruhe und einen Tee. Behesht bedeutet Himmel oder Paradies, was Dalan heisst haben wir leider nicht herausgefunden.

Ich habe genug von Chicken, Kartoffeln und Salat - jetzt muss mal ein grosser Teller Pasta her! Also durchforsten wir unseren Reiseführer Lonely Planet und siehe da, es wird ein gutes italienisches Restaurant am anderen Ende der Stadt empfohlen. An der Hauptstrasse halten wir per Handzeichen ein Taxi an - der kennt das Restaurant nicht. Beim zweiten Taxi hatten wir mehr Glück und der Preis stimmt auch. Perfekt! Plötzlich taucht der erste Taxifahrer wieder auf. Er rennt zu unserem Taxi-Fahrer und erklärt ihm, dass er zuerst da war und wir seine Kunden seien. Die beiden diskutieren miteinander und sie kommen zum Konsens, dass wir das Taxi wechseln sollen und mit dem ersten Taxifahrer mitgehen sollen! Uns ist es recht, solange wir am richtigen Ort ankommen. Wir fahren ca. 25 Minuten zur angegebenen Adresse und erstaunlicherweise findet der Taxifahrer das Restaurant auf Anhieb.

Im gut besuchten Restaurant Caesar erhalten wir umgehend einen Tisch zugewiesen. Es ist ein Restaurant der gehobenen Klasse. Wir sitzen auf Stühlen, die sehr zuvorkommenden Kellner servieren alle im Anzug und auf dem Tisch gibt es sogar ein Gerät, wo man auf zwei Knöpfe drucken kann - einerseits um den Kellner zu rufen oder andererseits um die Rechnung zu verlangen. Es gibt Live-Musik, doch der Sänger singt viel zu laut, so dass man sich kaum unterhalten kann. Die Tisch-Nachbarn sind interessant: Zwei Männer, Amin und ein Freund aus Tehran. Wir kommen ins Gespräch und wie alle Iraner versichern sie sich, ob es uns im Iran gefällt, ob alle Leute nett zu uns seien und übergeben uns ihre Visitenkarten mit dem Hinweis, dass wir uns melden sollen, falls wir ihre Hilfe benötigen. Zudem sitzt am Tisch vis-à-vis eine total aufgedonnerte Frau (krasse Schminke) mit blonder Perücke und ihr Begleiter himmelt sie an. Mein grosser Teller Pasta schmeckt vorzüglich - typisch italienisch ... ah, tut das gut! Als wir uns auf die Heimfahrt machen wollten, bestellten uns die Kellner ein Taxi. Sehr aufmerksam!


Westler sind ein begehrtes Fotosujet - Donnerstag, 1. Juni 2017

Tagesbesprechung: heute steht der Gang zur Post und zum Touristen-Informations-Büro an, zudem steht Ateshkadeh - ein Zoriastrian-Tempel, der Bazaar und der grosse Amir Chakhmaq Komplex auf dem Plan.

Vor 10.00 Uhr schaffen wir es aus dem Haus. Bei der Post können endlich unsere Postkarten abgeben werden. Der Mann hinter dem Schalter ist sehr freundlich und hilfsbereit, wie alle Iraner.

Nun hüpfen wir in ein Taxi, das uns zum Zoroastriern-Tempel bringt. Das Gebäude ist zwar mondän aber schlicht. Hinter einem grossen Glasfenster sieht man das ewige Feuer. Ein Mann bringt grad frisches Holz um das Feuer zu nähren. Die Legende besagt, dass dieses Feuer schon seit dem Jahr 470 brennt. Ansonsten gibt es nicht viel mehr zu sehen.

Nun nehmen wir wieder ein Taxi und lassen uns zur Touristen-Information bringen, wo wir gestern die guten Angaben über den Ort Meybod erhalten haben. Leider ist die Frau von gestern nicht anwesend, Lucia kann jedoch mit ihr telefonieren. Komischerweise ist das Angebot im vorgesehenen Guesthouse Amme Robab heute teurer und die Telefonleitung sehr schlecht. Wir entscheiden uns, dass wir auch per Bus nach Meybod fahren können und das Guesthouse auf eigene Faust aufsuchen. Danach schlendern wir zurück zum Hotel. Unterwegs kaufen wir in einem Supermarkt noch Wasser und Snacks und in einer Bäckerei nehmen wir ein paar Süssigkeiten mit. Zwei Windbeutel gefüllt mit Kokoscreme sind auch mit dabei, mhhh!

Im Innenhof im Hotel machen wir es uns auf einem Takhts gemütlich. Im Internet suchen wir das Guesthouse Amme Robab und kündigen ihnen unseren Besuch an. Gemütlich vergeht der Nachmittag. Weil es ein bisschen warm wird im Innenhof ziehen wir uns ins klimatisierte Zimmer zurück.

Der Bazaar steht ja heute noch auf dem Programm, den wir nach der grössten Mittagshitze aufsuchen. Im Bazaar sind die meisten Shops jedoch noch geschlossen, doch an der Hauptstrasse haben wir mehr Glück und beäugen interessiert das vielfältige Angebot. Bei einem Stoff- und Taschen-Geschäft bleiben wir hängen und diskutieren allerlei mit Achmed, 35 Jahre alt. Ins Militär ging er nicht, obwohl jeder für zwei Jahre gehen müsste. Aber er hätte ein Augenleiden ... resp. er habe den Doktor "bezahlt" und sei deshalb von der Dienstpflicht freigestellt worden. Warum wir nicht im Iran leben, wollte er auch noch wissen. Dafür gibt es sehr viele Gründe, drucksen wir herum, denn wir wollen ihn ja nicht vor den Kopfstossen. Als wir dann die eingeschränkten Rechte der Frauen ansprechen (Kleiderordnung, Scheidung ohne Einverständnis des Ehemannes nicht möglich (der Ehemann darf sich jedoch ohne Einverständnis der Frau scheiden lassen)), verteidigt er umgehend das Kopftuch und findet es total angebracht ... er steht aber in Jeans und T-Shirt vor uns. Er hat viele Fragen und wir haben auch ein paar bohrende Fragen. Mohamed war der konservativste Iraner, mit dem wir gesprochen haben. Nach der Plauderstunde gingen wir zum Wahrzeichen von Yazd: dem Amir Chakhmaq Komplex. Die imposante dreistöckige Fassade sieht auf den ersten Blick wie eine Moschee aus, jedoch ist es ein Grabmal von acht unbekannten Märtyrern. Die Front der Fassade ist flankiert von Arkaden - eigentlich um die Autos fernzuhalten, man kann dort aber auch sitzen und Leute beobachten (einer unserer Lieblingsbeschäftigungen). In der Mitte es Platzes hat es ein Wasserspiel, üppige und farbige Blumenbeete und Sitzbänke zum Verweilen. Wir gönnen uns wieder einmal ein feines Eis und schmatzen das gemütlich auf einer Bank. Der Platz vor dem Amir Chakmaq ist wie ein Dorfplatz; gegen Sonnenuntergang treffen sich hier viele Einheimische - Familien, Freunde, Frauen, Männer und Kinder. Ein paar Jungs spielen in einer staubigen Ecke. Eine junge Männer-Gruppe spricht mich an um ein Foto mit mir zu machen. Es werden immer mehr und alle sind immer sehr höflich, deshalb stelle ich mich gerne für ein Gruppenfoto mit ihnen zur Verfügung. Währenddessen amüsiert sich Lucia darüber. Das Abendlicht ist wunderschön und die Fassade taucht in ein goldenes Licht.

Zurück in der Altstadt laufen wir wieder am Hotel vorbei, das wir aufgrund der schönen Dachterrasse bereits am Vortag entdeckt haben. Die Terrasse ist mit farbigen Regenschirmen überdacht. Am Vortag waren die Schirme geschlossen. Jetzt sind sie alle offen - sieht sehr schön aus. Wie machen die das wohl? Bei jedem einzelnen Schirm mit der Leiter hochsteigen? Oder per cleverer Vorrichtung? Es wird (für uns) wohl immer ein Rätsel bleiben.

Gleich um die Ecke suchen wir ein anderes Restaurant auf, wo wir auch auf der Dachterrasse sitzen können. Es ist total romantisch: dezentes Licht, ruhige Atmosphäre, netter Service und das Essen wie immer vorzüglich: Chicken Kebab und Kartoffeln, frischer Blattsalat und die Limonade mit Mint ist ein Genuss. Wir sitzen auf einem Takht und schauen über die Dächer der Altstadt. Ein schöner Abschluss für einen wunderschönen Tag.

Zurück zum Guesthouse ist es nicht weit - wir finden den Weg durch die engen Gassen ohne Umschweife.

In Esfahan, Shiraz und hier in Yazd haben wir fantastische frische Säfte bekommen. Es gibt sogar Variationen mit Chia für einen extra Energieschub.

Obwohl seit letzten Samstag Ramadan ist, beobachten wir auch hier in Yazd, wie sich kaum Jemand daran hält. Picknicken im Garten, Essen im Bus (beim Reisen darf man essen!) und beim Mittagessen in Restaurants treffen wir auf essende Einheimische. Wir sind zudem positiv überrascht, wie sauber die öffentlichen Toiletten sind. Auch die vielen Parkanlagen sind äusserst gepflegt und kein Papierschnipsel liegt am Boden. Für die Iraner ist Hygiene sehr wichtig, sei es zu Hause oder in der Öffentlichkeit. Doch bei der Reinlichkeit übertreiben sie es auch manchmal ... vorallem beim Servieren des Essens: das Besteck sowie der Teller mit dem warmen Essen ist - vorallem bei Openair-Restaurants - mit Frischhaltefolie-Folie eingepackt. Und noch was Spezielles: ein Messer gib es fast nie, dafür Löffel und Gabel.

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