Die Ruinen von Persepolis gehören seit 1979 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Der letzte Schah von Persien (Iran) liess die Kulturstätte für die 1971 stattfindende 2'500-Jahr-Feier der Iranischen Monarchie renovieren. Dazu hatte ich kurz vor der Reise in den Iran einen spannenden Dokumentarfilm gesehen und deshalb stand Persepolis ganz oben auf meiner Reiseziel-Liste.
Pure Gastfreundschaft auch im Hotel - Montag, 22. Mai 2017
Unsere Weiterreise nach Persepolis steht an, also reicht es nach der kurzen Nacht nur für einen Tee und ein Glas des super süssen Orangensafts. Die Hotelrechnung wird mit vielen Scheinen beglichen, doch den Reisepass erhalten wir erst zurück, sobald wir mit dem Gepäck an der Rezeption stehen und das Zimmer kontrolliert wurde. Der Rezeptionist erhält grünes Licht, danach bringt uns das Taxi (Rls 120'000) zum Busbahnhof Kaveh.
Der vor Ort reservierte VIP-Bus fährt erst um 12.00 Uhr und die rund 6 1/2 stündige Fahrt kostet Rls 670'000 für zwei Personen (rund CHF 20.-). Um die Wartezeit zu verkürzen schreiben wir Postkarten. Der Bus ist sehr sauber und bequem und einen Snack und Wasser bekommen wir auch serviert. Von meiner Sitzreihen-Nachbarin erhalte ich Snacks und Süssigkeiten angeboten.
Karge Berge, trockene Gegend, Schaf- und Ziegenherden, ein paar Ortschaften, breite, sehr gute Strassen. Am Abend hält der Buschauffeur am Strassenrand in der nähe von Marvdasht. Amir steigt mit uns aus dem Bus und organisiert umgehend ein Taxi (Rls 180'000) bis nach Persepolis. Sobald wir ins Taxi eingestiegen sind, fragt uns Amir sogleich über Herkunft und unsere Pläne aus und er lädt uns zu einer (also nicht seiner!) Hochzeit ein. Er gibt uns seine Telefon-Nummer, falls wir uns doch noch entscheiden, zur Hochzeit zu kommen. Nach einem langen Reisetag erreichen wir um 19.30 Uhr das Hotel Apadana, das unmittelbar neben den Ruinen von Persepolis liegt. Der Rezeptionist ist sehr freundlich, etwas scheu und hat ein sympathisches Lachen (aber nicht mehr so viele Haare). Wir zeigen ihm den Zettel mit den Notizen von Hossein. Der Rezeptionist ruft sogleich Hossein an, der ihm anscheinend genau erklärt, was er von ihm erwartet. Resultat: Wir erhalten ein Upgrade zu einem VIP-Zimmer zum Standard-Preis (Rls 2'230'000 = CHF 61.-). Der Room-Boy bietet uns an das Gepäck für uns zu schleppen (was wir dankend ablehnen - sind ja gesund und stark) und zeigt uns unser Zimmer. Das Eckzimmer ist gross, hat zwei Betten, Gratis-Wlan, gute Dusche und das Beste: direkte Sicht auf die Ruinen von Persepolis.
Die verdiente Dusche tut gut, aber das WC ist etwas gewöhnungsbedürftig - der Deckel bleibt nicht oben, wenn man sich hinsetzt, der Rand ist sehr schmal und der Deckel klappt einem auf den Rücken. Das ist irgendwie doof, aber alles ist sehr sauber und so werden wir auch das überleben :-).
Vor dem Hotel gibt es einen grossen Garten mit altem Baumbestand und verschiedenen Sitzmöglichkeiten. Zudem ein etwas heruntergekommenes Wasserbecken, das wahrscheinlich zu Schahzeiten sogar ein Swimmingpool war. Wir essen draussen und geniessen die schöne Abendstimmung, die durch Katzengejammer etwas gestört wird. Morgen findet im Hotel eine Tourist-Guide-Konferenz statt, deshalb herrscht im Hotel emsiges Vorbereitungstreiben. Westliche Touristen gibt es nur eine Handvoll.
Vom Hotelgarten beobachten wir, dass sich um diese Zeit immer noch Besucher in den Ruinen aufhalten. Wir gehen Richtung Eingang und entdecken einen Glaskubus vor der hohen Mauer, wo sich erhöht die Ruinen befinden. Im Glaskubus findet die Eingangskontrolle statt, aber zu dieser Zeit werden keine Touristen mehr eingelassen. Zurück im Zimmer lassen wir den Tag mit Lesen und Schreiben ausklingen und fallen dann müde in einen erholsamen Schlaf.
Beeindruckendes Persepolis und nette Bekanntschaft - Dienstag, 23. Mai 2019
Bereits um kurz nach 07.00 Uhr geniessen wir das Frühstück im Garten. Da es zurzeit keinen Organgen-Jus gibt, wird extra ein frischer Apfelsaft für uns gepresst. Mich juckt es schon ziemlich - endlich ziehen wir los zu den Ruinen von Persepolis. Das Ticket koste 200'000 Rls (CHF 6.-); wenn man mit anderen Eintritten vergleicht (Moschee und Kathedrale), ist es für das Gebotene günstig.
Bei der Eintrittskontrolle wird Wert auf Sicherheit gelegt, deshalb dürfen wir den Rucksack nicht hinein nehmen und ich kehre kurz zum Hotel zurück um den Rucksack im Zimmer zu deponieren. Wir geniessen die noch fast menschenleere schöne Anlage mit den dachlosen Palästen und Gebäuden auf dem kargen Plateau. Der Name Persepolis stammt aus dem griechischen und bedeutet 'Stadt der Perser’. Persepolis war eine der antiken Hauptstädte des Persischen Reiches und wurde 520 vor Christus unter den Achämeniden gegründet. Die Ruine ist eine Perle der persischen Kultur und aussergewöhnlich gut erhalten. 330 vor Christus wurde die Stadt von den Truppen Alexander des Grossen in Brand gesteckt. Durch den Brand wurden Tontafeln gehärtet, die dank diesem Feuer noch heute gut lesbar sind. Sie enthalten viele eindrückliche Überlieferungen.
Die gemeisselten Bilder auf den Eingangssäulen sind sehr gut erhalten - die Wissenschaft vermutet verschiedene kalendarische Funktionen der Anlage. Hier am Gate of all Nations fällt das morgendliche Sonnenlicht am 21. März (= Persisches Neujahr) genau durch das Tor.
Die riesigen Säulen der Apadana-Halle beeindrucken mich sehr. Die haben einen Durchmesser von ca. 1 1/2 m und ragen bestimmt 10 m hoch in den tiefblauen Himmel. Die grossen Treppenaufgänge, die zum Apadana Plateau führen, sind reich mit Reliefs dekoriert. Hinten im Berg befinden sich Gräber, die leider früh geplündert wurden. An der Aussenfassade sieht man nur noch Teile der Persischen Leibwache. Die Aussicht ist herrlich, es ist angenehm warm und wir sehen die vielen Touristen (meist Einheimische) auf das Areal strömen.
Der letzte Shah von Persien, Shah Reza Pahlavi, liess 1971 zur 2'500 Jahr Feier der Iranischen Monarchie teile von Persepolis renovieren und liess in unmittelbarer Nähe eine luxuriöse Zeltstadt für Könige und Präsidenten aus allen Herren Ländern aufbauen, die zur pompösen Feier eingeladen wurden.
Wir verbringen über drei Stunden in der Anlage und gönnen uns danach bei den Souvenirshops eine Glace. Das Postbüro ist zwar offen, aber weit und breit Niemand, der unsere Postkarten entgegen nehmen könnte!
Gegen Mittag wird es ziemlich heiss und deshalb ist Siesta angesagt.
Die Athmosphäre in den Ruinen hat uns so gut gefallen, dass wir gegen Abend noch einmal hingehen. Der Eingangs-Kontrolleur erkennt uns wieder und lässt uns mit dem selben Ticket hinein. Wir gehen zurück auf den Berg zu einem der Gräber, spazieren durch die Steinruinen und treffen auf Elahe und Somayeh - zwei rund 30-jährge Frauen aus Marvdasht. Die zwei sympathischen Frauen sprechen uns an: How are you? Where are you from? Die zwei Freundinnen sprechen relativ gut Englisch, da sie Englisch-Lehrerinnen sind. Wir laden die beiden zu uns in den Hotelgarten ein und trinken Jus, schauen Fotos von ihren Familie an (u.a. Hochzeit einer Schwester), Lucia zeigt ihnen Hochzeitsfotos von John und ihr, Fotos von mir und meiner Familie und von unserer gemeinsamen Reise durch Amerika (Handy sei Dank hat fast jeder auf dieser Welt Fotos von seinen Liebsten dabei). Die beiden lustigen Ladies möchten uns auf eine Shopping Tour ins ca. 8 km entfernte Marvdasht mitnehmen. Somayeh schlängelt sich gekonnt mit ihrem eigenen Auto (Renault) durch den Stadtverkehr. Die Stadt ist definitiv kein Hingucker; viele zweistöckige staubige Gebäude, die teilweise mit Werbung der Shops, die sich im Parterre befinden, zugekleistert sind. Somayeh erzählt uns, dass sie gerne shoppen gehe - wenn sie irgendwo hingeht, muss sie shoppen, ansonsten ist der Ausflug nicht komplett. In der kleinen Mall im Zentrum von Marvdasht kaufe ich einen türkisfarbenen Schal, der gut zu meinem neuen Jeans-Kleid passt. Wir gehen noch in zwei Kleider-Boutiquen, die sehr schöne Sachen haben, jedoch auch etwas gar teuer sind und da unsere Rücksäcke schon voll sind, sollten wir auf weitere Einkäufe verzichten. Nach der Shopping-Tour ist nun ein Snack fällig und die beiden schleppen uns zu einer kleinen Snack-Bude im Untergrund des Shopping-Centers, wo in einem Pappbecher frische gedämpfte Maiskolben mit viel Sauce, Chips und Gewürzen serviert werden. Das essen wir auf einer Bank mitten in der Mall. Beide möchten, dass wir ihr zu Hause besuchen. Somayeh hat bereits ihre Schwester angerufen und uns angemeldet. Eli möchte aber auch, dass wir zu ihren Eltern kommen. So fahren wir zuerst zu Eli nach Hause. Kaum fahren wir vor, ist die Mutter (spricht kein Englisch) schon an der Tür und serviert uns einen sehr erfrischenden sirupartigen Drink. Wir sitzen erst kurz in der guten Stube auf dem Sofa und schon sind wir 'überredet' worden, morgen doch noch zum Lunch zu kommen. Im Fernsehen laufen gerade die Nachrichten und Trump ist zu sehen. Da kommt sofort die Frage: Was haltet ihr von Amerika? Eli meint, die Amerikaner haben etwas gegen die Iraner. (Hmmm, uns schwirrt natürlich sofort durch den Kopf, dass Lucia und ihr amerikanischer Mann in den USA leben und wir dieses Thema bisher immer umgangen sind, um die Iraner nicht vor den Kopf zu stossen). Wir versuchen Verständnis zu wecken und erklären, dass nicht alle Amerikaner etwas gegen Iraner haben und man das etwas differenziert anschauen sollte, da definitiv nicht alle Amerikaner hinter Trump stehen. Nach dem Kurzbesuch geht es weiter zur Schwester von Somayeh. Auf der Fahrt erklärt sie uns, dass sie heute sehr traurig gewesen sei und nun dank unserem Treffen all ihren Ärger etwas vergessen konnte. Sie erzählt, dass sie verheiratet sei, jedoch mit ihrem Ehemann nicht zurecht komme. Sie hätte ihren Ehemann vor der Hochzeit nicht gut genug gekannt und nun streiten sie sich oft, weil sie unterschiedliche Ansichten haben. Sie möchte sich scheiden lassen, jedoch sei dies nicht möglich, da im Iran nur der Mann den Wunsch der Scheidung äussern kann und er dies bis jetzt verweigert hat. Diese Offenbarung lässt uns sprachlos werden und Somayeh tut uns sehr leid. Wir erfahren noch, dass iranische Frauen nicht alleine wohnen dürfen, da dies ein schlechtes Licht auf sie werfen würde, und sie deshalb ins Haus ihrer Eltern zurück gekehrt sei. Ein Paar darf sich auch nicht öffentlich als Paar 'präsentieren', ohne dass es verheiratet ist. Somit lernt man sich eigentlich nur im geschützten Rahmen (z.B. in der Wohnung der Familie) kennen und damit fällt die Paar-Probezeit völlig ins Wasser. Auch wenn im Touristen-Alltag vieles als westlich ebenbürtig wahrgenommen wird (Frauen gehen gemeinsam essen, shoppen, machen Ausflüge), so gibt es für Frauen doch viele Einschränkungen (Kleiderordnung!) und gesetzliche Vorschriften.
Bei der Schwester von Somayeh werden wir herzlich begrüsst. Sie ist Mathematik-Lehrerin, ihr Ehemann Ali Physik-Lehrer. Die beiden Kinder sind etwas scheu. Natürlich werden wir umgehend ausgefragt und man stellt die obligatorischen Fragen, wie es uns im Iran gefällt, ob wir die Iraner nett finden und sie wollen von unserem Leben in der Schweiz hören. Zudem interessiert es sie brennend, wie wir uns mit Kopftuch fühlen. Zudem wird über Sprachkenntnisse und lokale Essensgewohnheiten diskutiert. Wir schlürfen Tee und geniessen eine super feine Wassermelone. Ali hat uns vier Frauen wunderbar bedient ... auch das ist der Iran! Nach einem sehr unterhaltsamen Abend fährt uns Ali, der von Somayeh begleitet wird, zurück ins Hotel.
Herzliche Gastfreundschaft pur - Mittwoch, 24. Mai
Diesmal dürfen wir das Frühstück im wunderschönen Saal des Hotels einnehmen. Ich nehme an, dass das Hotel zur grossen Feier im 1971 renoviert wurde und deshalb einen zwar alten aber mondänen Eindruck hinterlässt. Wir besuchen am Vormittag noch kurz die Überreste der Zeltstadt von der Feier anno 1971 und organisieren noch ein paar paar Guetzli als Geschenk für die Familie von Eli.
Somayeh kann uns nicht abholen, deshalb kommt Eli uns zusammen mit ihrer ca. 13-jährigen Nichte Niloofar (spricht sehr gut Englisch) mit dem Taxi abholen. Das Taxi dürfen wir trotz heftigem insistieren natürlich nicht bezahlen. Wir gehen zur Wohnung von Schwester Shole. Auf der Treppe lächelt uns die Tochter Mona mit den im Iran eher ungewöhnlichen blonden Haaren und blauen Augen entgegen. Ihre ältere Schwester Maryam begrüsst uns auch mit einem breiten Grinsen. Zudem sind von unserer Gastgeberin noch die kleine Nichte Rozwitam, die Schwester von Niloo und dann natürlich Mutter und Vater von Eli zugegen. Alle freuen sich auf unseren Besuch und auch wir sind sehr erfreut und beeindruckt von dieser herzlichen und überaus freundlichen Familie. Keine der Frauen trägt ein Kopftuch und deshalb dürfe wir unseres auch ablegen.
Gegen Mittag kommen der Ehemann von Shole (Manager der Schule von Marvdasht) sowie ein Bruder, der wie Eli noch zu Hause wohnt, zum MIttagessen nach Hause . Die Mutter von Shole bedeckt ihr Haupt, sobald die Männer den Raum betreten - ich nehme an aus lauter Gewohnheit. Auf dem grossen hellen Perserteppich wird eine Plastikbahn ausgebreitet und darauf wird das Festmahl (!) platziert: eingelegte Kirschen, Dips, zwei verschiedene Reissorten, Shirazi Salat, Kebab, Poulet-Spiessli usw. Als Dessert wird Himbeer-Gelee und Vanille Creme aufgetischt. Alle haben viele Fragen, die wir sehr gerne beantworten. Auch wird vom Bruder erzählt, der gerne in Europa Fuss fassen möchte, es jedoch bis jetzt erst in die Türkei geschafft hat, da die Grenzen zu Europa streng geschützt werden.
Gegen Mittag kommen der Ehemann von Shole (Manager der Schule von Marvdasht) sowie ein Bruder, der wie Eli noch zu Hause wohnt, zum Mittagessen nach Hause . Die Mutter von Shole bedeckt ihr Haupt, sobald die Männer den Raum betreten - ich nehme an aus lauter Gewohnheit. Auf dem grossen hellen Perserteppich wird eine Plastikbahn ausgebreitet und darauf wird das Festmahl (!) platziert: eingelegte Kirschen, Dips, zwei verschiedene Reissorten, Shirazi Salat, Kebab, Poulet-Spiessli usw. Als Dessert wird Himbeer-Gelee und Vanille Creme aufgetischt. Alle haben viele Fragen, die wir sehr gerne beantworten. Auch wird vom Bruder erzählt, der gerne in Europa Fuss fassen möchte, es jedoch bis jetzt erst in die Türkei geschafft hat, da die Grenzen zu Europa streng geschützt werden.
Alle möchten, dass wir noch bleiben, noch mehr Tee trinken und Früchte essen sollen und schlussendlich wird uns sogar angeboten, dass wir bei ihnen übernachten dürften. Leider müssen wir schweren Herzens ablehnen, da wir unsere Reise fortsetzen möchten. Um kurz nach drei Uhr können wir uns dann endlich verabschieden. Es fällt uns schwer diese überaus herzliche Familie zu verlassen. Wir werden gefragt, wie wir denn nun nach Shiraz kommen und als wir antworten, dass wir mit dem Bus weiterfahren, schauen sie uns mit grossen Augen an und insistieren. Komme gar nicht in Frage, wir sollen doch mit dem Taxi weiterreisen und so fährt uns Shole’s Ehemann zum Taxistand. Er platziert unsere Rücksäcke im Kofferraum des Taxis und bezahlt uns auch noch die Fahrt (100'000 Rls = CHF 3.-). Das ist nun echt zu viel des Guten, aber er winkt nur ab und verabschiedet sich - alles geht ganz schnell. Schon sitzen wir im Taxi, das wir mit zwei anderen Frauen teilen.
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