top of page

Esfahan - Iran vom Feinsten

Nach Indien und Amerika steht die dritte gemeinsame Reise mit Lucia an. Iran stand schon lange ganz oben auf meiner Reiseliste und für Lucia war es nach vielen Jahren eine Rückkehr.



Anreise und konform kleiden - Samstag, 20. Mai 2017

Lucia und ich treffen uns in Wien. Lucia reist aus Phoenix (USA) an und ich aus Zürich. Austrian Airline fliegt uns direkt nach Esfahan. Es scheint nicht viele Touristen während dem Ramadan und kurz vor der Sommerhitze in den Iran zu ziehen, der Flieger ist nämlich halbleer. Es ist ein kurzer 4 1/2 stündiger Nachtflug. Noch schnell eine Runde schlafen und schon heisst es bereit machen für den Iran. Wir müssen mit dem Kopftuch aus dem Flieger aussteigen und auch den Körper den Kleidervorschriften entsprechend bedeckt haben, d.h. langärmlige Bluse, die über das Gesäss reicht und lange Hosen bis zu den Knöcheln.

Die Immigration dauert endlos lange, obwohl nur die paar Leute aus unserem Flieger anstehen. Sie nehmen es ziemlich genau, die Iranischen Beamten. Aber wir haben ja Zeit, es ist noch sehr früh am Morgen, genauer gesagt 06.00 Uhr! Das Gepäck muss nochmals durch den Security-Check nach dem wir es vom Gepäckband genommen haben.

Mit dem Taxi reisen wir in Stadtzentrum - die Fahrt dauert etwa 30 Minuten und kostet EUR 10.-. Hotel Totia lässt uns Morgens um 07.00 Uhr einchecken, erst müssen wir eine Runde schlafen. Lucia verbrachte aufgrund ihrer langen Anreise aus Amerika die letzten zwei Nächte im Flugzeug - die war entsprechend müde.

Hotel-Zimmer mit Kühlschrank, TV, AC, zwei Betten und Bad mit Squat (Steh-WC) und western style Toilet, schön gross (also nicht die Toilette sondern das Zimmer :-)), Preis ca. USD 60 pro Nacht.

Kurz vor 10.00 Uhr stehen wir auf - Hunger und Durst plagt uns. Das Frühstück wird nur bis 10.00 Uhr serviert, so sind wir grad noch zur rechten Zeit in diesem ungemütlichen grell beleuchteten Keller-Raum. Gestärkt machen wir uns auf den Weg in die Stadt.

Am imposanten Naqusch-e Dschahan Square, einem der grössten Plätze der Welt, machen wir uns auf die Suche nach dem Nomad Carpet Shop Nummer 170, um einen alten Freund von Lucia zu suchen, den sie bei Ihren früheren Overland-Touren kennen gelernt hatte und ihr immer ein ehrlicher Freund war. Lucia war vor über 18 Jahren auf der letzten Overland-Tour von der Schweiz nach Indien und damals gab es weder Handy noch E-Mail, so dass wir einfach nur hoffen mussten, dass er seinen Teppich-Laden immer noch an der selben Adresse führt. Der Shop Nummer 170 scheint kein Teppich-Laden mehr zu sein, so das wir uns beim Nachbar-Shop erkundigen, ob er Hossein vom Nomad-Shop kennt. Er sei der ehemalige Mitarbeiter von Hossein. Lucia erkennt Sayd wieder und dieser war tief beeindruckt, dass Lucia noch seinen Namen weis. Lucia hat in ihren Reisetagebüchern immer alles akribisch aufgeschrieben. Sayd erzählt, dass Ali und er sich schon vor 15 Jahren von Hossein getrennt haben um ein eigenes, kleines Teppich-Geschäft zu eröffnen. Wir schwatzen noch ein bisschen und dabei verrät uns Sayd, dass Hossein quer über den Platz nun sein Teppich-Geschäft führt. Wir müssen noch zweimal nach dem Weg fragen, bis wir das Ladenschild entdecken. Hussein steht vor dem Laden und Lucia erkennt ihn sofort wieder. Hussein machte grosse Augen und hätte Lucia am Liebsten grad auf offener Strasse umarmt, aber Berührungen zwischen Frauen und Männern sind im Iran strengstens untersagt, also führt er uns in sein Geschäft und begrüsst Lucia überschwänglich mit einer herzlichen Umarmung. Er hat uns sofort zu Tee und Biskuits eingeladen und erzählt, dass er immer wieder nach Spanien reist, Tochter Sepide Architektur studiert hat, der Sohn geheiratet hat und Hossein nun seit drei Monaten stolzer Grossvater eines drei Monate alten Baby Boys sei. Sepide kommt auch noch kurz vorbei. Sie meint sogar, dass sie sich an den letzten Besuch von Lucia erinnern könne.


Lucia mit Hussein
Lucia mit Hussein

Nach den regen Gesprächen fragen wir, ob wir bei Hussein Geld wechseln könnten. Sofort organisiert sein Mitarbeiter das entsprechende Bargeld zu einem guten Kurs. Dank dem Rial sind wir kurzum zu Millionärinnen geworden. Die Preise werden jeweils in Toman angegeben, das heisst, man muss immer noch eine Null hinzurechen damit man dann auch mit der richtigen Geldnote bezahlt. 1 Toman = 10 Rials / 1 USD = 375'000 Rials / 1 EUR = 415'000 Rials.

Nachdem wir uns noch ein paar Teppiche bei Hussein angeschaut haben, verabschieden wir uns und erhalten noch eine Einladung für das Abendessen am nächsten Abend bei Hussein zu Hause. Wir ziehen wieder Richtung Square und dem integrierten Bazaar, wo wir in einem typischen Kebab-Restaurant unseren Hunger stillen. Das Dhaba (wie die kleinen Restaurants auch genannte werden) hat nur vier Tische und ist in der nord-östlichen Ecke des grossen Platzes, der von allen vier Seiten von Mauern umgeben ist, in denen sich kleine Shops und zwei wunderschöne Moscheen befinden. Vor uns haben in Tschador bekleidete (grosses dunkles Tuch, das den Körper und das Haupt umhüllt), ziemlich opulente Frauen das kleine Beizli gefüllt - wir müssen warten, bis die sich alle rausgequetscht haben. Der Kebab hatte mehr Brot als Fleisch, das Lemon Gemix war ok, das Ganze hat aber mit 400'000 Rials etwas viel gekostet.

Nun steht ein Besuch in der wunderschönen Imam Moschee an. Die Farben in der Moschee werden uns von einem alten Mann erklärt: grün für Natur, blau für Himmel, gelb für Sonne. Eintritt 200'000 Rls. Wir sitzen lange da und dort und geniessen was wir hier zu sehen bekommen.



Danach schlendern wir durch den Bazaar, wir sehen schöne Blusen, Schäle und ich habe meine ziemlich schmale Garderoben-Auswahl mit einer langen Jeans-Bluse aufgepeppt. Die Frauen sind sehr unterschiedlich angezogen. Vom stockkonservativen schwarzen Tschador bis zu farbigen lockeren Blusen und Leggins mit dazu passendem Schal um das Haar mehr oder weniger zu bedecken. Wie mir Lucia berichtete, kleiden sich die Frauen im Vergleich vor 18 Jahren lockerer und heller.

Lucia lernt mir ein paar Farsi-Wörter, wie zum Beispiel "Merzi", was soviel wie "Merci" heisst (das sollte ich mir merken können :-)). Zudem lerne ich anhand der Auto-Kennzeichen die Farsi-Zahlen, so dass ich wenigstens die Preise lesen kann.

Wir verlassen den grossen Platz und schlendern durch die verwinkelten Gassen des Bazaar-e Bozorg bis zur Freitags Moschee, wo wir endlich Wasser in PET-Flaschen finden. Es ist einfacher einen Teppich zu finden als Wasser. Wir setzen uns auf eine Bank und beobachten das Geschehen rund um uns herum, als sich plötzlich eine Frau auf unsere Bank quetscht und uns mit einem Lippenstift verschmierten Pepsodent-Lachen anhimmelt. Sie kann kein Wort Englisch und wir kein Farsi, also hilft nur noch Zeichensprache. Sie heisst Somayeh und zeigt uns stolz ein Bild auf dem Handy von ihrer Hochzeit. Wow, da sieht sie aber ganz anders aus! Ich glaube, sie verbrachte viele Stunden mit Make-up auftragen und sieht aus wie eine Porzellan-Puppe.

Durch kilometerlange Bazaar-Gassen laufen wir zurück Richtung Hotel. Im Bazaar wird man immer wieder an Indien erinnert, es gibt da einige Parallelen bei der angebotenen Ware, u.a. auch viel Plastik-Ware aus China (autsch!). Der gedeckte Bazaar ist riesig. Bei dieser Wärme (ca. 35°) ist es ganz angenehm in den alten Gewölben. Manchmal hat es sehr viele Leute, manchmal sind wir fast alleine unterwegs. Hier findet man so ziemlich alles. Esswaren, Gewürze, Schmuck, Haushaltware, es hat Lagerräume für Grossverteiler, Teppiche, Kleider und natürlich ein grosses Angebot an Souvenirs, alles hat schön seinen Platz.


Armenische Kirche mitten im Muslimen-Land - Sonntag, 21. Mai 2017

Im Null-Ambiente-Frühstücksraum, hell beleuchtet mit Neon-Röhren, stärken wir uns für den Tag. Es gibt Tee und ultra-süssen Orangen-Saft, Brot, Käse, Konfitüre, Eier, Tomaten und kleine iranischen Gurken. Wir essen nicht viel, aber der Tee tut gut.

Danach machen wir uns auf den Weg zur Armenischen Kirche im Armenischen Viertel in Jolfa. Im Hotel Totia gibt uns die Rezeptionistin Informationen, wie wir mit dem Bus dorthin gelangen. Als wir an der Bushaltestelle stehen und etwas ratlos in die Welt gucken, kommt sofort ein netter Mann auf uns zu und bietet uns seine Hilfe an. Er müsse auf den selben Bus und werde uns ein Zeichen geben, wenn wir aussteigen müssten. Die Fahrt kostet 10'000 Rls pro Person (rund Rp. 30). Wir wollten schon mit dem hilfsbereiten Herrn in den Bus einsteigen, als er uns ein Zeichen gibt, dass wir die hintere Bustüre benutzen sollen. Ich sehe praktisch gegen eine Schwarze Wand - alles Frauen mit schwarzem Tschador. Wir sind etwas irritiert - wie sollen wir denn nun unser Bus-Ticket kaufen, wenn wir uns nicht im vorderen Teil, der Männern vorbehalten ist, bewegen dürfen und sich dort der Chauffeur befindet? Wir fahren über den Fluss ins Jolfa-Quartier. Unser Helfer gibt uns ein Zeichen, dass wir bald aussteigen können. Lucia winkt mit dem Geld und er deutet ihr bei der Bushaltestelle, nach vorne zum Chauffeur zu kommen. Der nette Herr zeigt uns dann auch noch den Weg zur Kirche.

Von aussen scheint der christliche Komplex eher unscheinbar, innen ist er sehr reich dekoriert. Ist das Jesus, der sich da so im Himmelbett räkelt? Die Wand- und Deckenmalereien sind eindrücklich, fast ein bisschen erdrückend, denn es hat viele verschiedene Szenen.



Der Innenhof ist herrlich, umsäumt von grossen schatten spendenden Bäumen und ein kleines Museum mit einer alten Papier-Presse, uralten armenischen Bibeln, Kleider, Geschirr lädt zum Verweilen ein ... interessiert uns aber weniger - Lucia und ich sind keine grossen Museums-Besucher.

Das Quartier ist friedlich, es hat ein paar Leute unterwegs, einige Cafés säumen die Strasse und wir finden sogar einen Laden, wo wir Wasser kaufen können. Wiederum üben wir anhand der Autonummern die Farsi-Zahlen.

Zurück in die Stadt gehen wir zu Fuss. Entlang dem Fluss Zayandeh gibt es einen grünen Park und schattige Pfade. Es ist herrlich hier und wir haben schöne Aussichten auf die Brücken aus dem 17. Jahrhundert. Insgesamt gibt es elf wunderschöne Brücken entlang des Zayandeh.

Wir gehen ein Stück zurück, um im Pfeiler der Brücke Pol-e Joui etwas zu trinken. Die kleine Bar Farhang ist sehr gemütlich und wir bekommen grad einen Platz in einer der Fensternischen. Die Bedienung ist etwas langsam, aber wir haben ja Ferien und bringen deshalb auch mehr Geduld mit. Es hat sogar Mojito auf der Karte, aber das ist bestimmt ein "toter" Mojito, wie auch das Bier alkoholfrei ist.



Hossein hat uns schon darauf aufmerksam gemacht, dass viele junge Iranerinnen und Iraner Nasen-Operationen machen lassen und dann mit den bandagierten Nasen in den Cafés sitzen. Und siehe da, überall weisse Verbände im Gesicht.

Im geschichtsträchtigen Hotel Abbasi wollten wir eigentlich im Tee Haus die Seele baumeln lassen, doch leider öffnet es erst am späteren Nachmittag. Das Garten-Restaurant ist aber geöffnet, doch alle Tische sind besetzt. Wir fragen ein dänisches Pärchen, ob wir uns zu ihnen gesellen dürfen - die Antwort fiel zwar positiv aber kühl aus. Wir setzen uns trotzdem, doch als die Bedienung auf sich warten lässt und unsere Mägen bereits am Knurren sind, bewegen wir uns aus dem Hotel und suchen uns ein anderes Restaurant, das wir dann auch auf einer Gartenterrasse hoch über den Baumwipfeln des naheliegenden Parks finden. Das Safran-Poulet ist sehr fein und der frische Salat tut so gut. Zurück am Maidan-e Imam (Square) trinken wir nochmals Tee mit Hossein. Wir wechseln auch nochmals Geld, damit sollten wir für die Reise eingedeckt sein.

Wir begeben uns noch auf die Suche nach einem Mitbringsel bei unseren heutigen Gastgebern. Eigentlich haben wir gestern den perfekten Kuchenladen gesehen ... nur finden wir ihn nicht mehr. Dafür kommen wir an einem Süsswaren Laden vorbei, wo wir eine Kollektion der super süssen Zucker-Nuss-Nougat-Stücke erstehen.

Müde vom langen Spaziergang gehen wir zurück ins Hotel um etwas zu schlafen, denn die Nacht wird noch lang ... Kurz vor 21.00 Uhr heisst es aufstehen. Als wir den Schlüssel an der Rezeption abgeben, fragt der Rezeptionist, ob wir um diese Zeit noch auf die Strasse gehen? Wir erklären ihm, wir seien bei Freunden eingeladen - das glaubt er nicht so recht und beäugt uns kritisch. Wir fragen, wie lange das Hotel geöffnet ist resp. ob es einen Nachtportier gibt. Er meint, wir sollten bis Mitternacht wieder zurück sein. Ob er das jetzt aus Besorgnis meint? Schnellen Schrittes geht’s auf den unebenen Trottoirs zum Hotel Abbasi, wo Hossein schon auf uns wartet. Ein Stück gehen wir noch zu Fuss, dann per Taxi zum Haus der Familie.

Kaum über der Türschwelle werden wir von Hussein sofort aufgefordert die Kopfbedeckung zu entfernen. Die Frau von Hossein heisst Jamila und heisst uns mit einer Umarmung herzlich Willkommen. Ihr Sohn Joseph, dessen Frau und Baby-Boy Aryu (3 Monate), ihr Bruder, ihre Mutter aus Mashad und sogar die Nachbarn sind versammelt um die Gäste aus dem Westen zu beäugen (positiv!). Als die Nachbarn sich verabschieden, ziehen auch Jamila und ihre Mutter das Kopftuch auch ab. Der Abend wird sehr lustig, Hossein zeigt uns Kartentricks, das Essen ist fantastisch und reichhaltig. Wir freuen uns über all die feinen Früchte. Die Vitamine direkt aus dem Iran tun gut.

So um 01.00 Uhr Morgens kommt uns plötzlich in den Sinn, dass wir im Hotel Apadana in Persepolis - unserer nächsten Destination - eine Reservation machen wollten. Hossein ruft sogleich an und regelt die Reservation, nachdem er ein paar Telefonate machen musste, um die Telefonnummer herauszufinden. Wir sollen vor Ort einen Zettel abgeben, auf den er auf Farsi was gekritzelt hat und wenn was mit der Reservation nicht in Ordnung sein sollte, dann sollen wir ihn umgehend anrufen.

Wir unterhalten uns weiterhin anregend, es herrscht allgemeine Freude über die Wahl (fand an unserem Ankunftstag statt) des eher liberal denkenden Präsidenten Rouhani. Eine langsame Veränderung im Iran sei spürbar, wichtig sei, dass die Veränderungen ohne Gewalt und Ausschreitungen vor sich gehen, nichts soll übers Knie gebrochen werden, denn dies führe nur wieder zu Rückschritten ... einfach keine Revolution, meint Joseph. So gegen 02.00 Uhr verabschieden wir uns, nicht aber bevor wir noch ein paar Gruppenfotos gemacht haben, um diese überaus herzliche und unkomplizierte Familie auf Bildern für ewig festzuhalten. Joseph fährt uns netterweise zurück zum Hotel.

Auf der Heimfahrt bringt Joseph noch ein Thema aufs Tablett, das ihn wohl ziemlich beschäftigt. Wenn er mit seiner Frau im Ausland weile, spüre er die Abneigung gegen ihn, weil seine Frau immer ein Kopftuch trägt. Da man davon ausgeht, dass der Mann über das Kopftuch-Tragen entscheidet, wird er dafür verantwortlich gemacht. Er sei jedoch der Meinung, dass seine Frau im Ausland kein Kopf tragen muss, aber sie bestehe darauf, da sie sich sonst nicht wohl fühle (vielleicht aus reiner Gewohnheit). Das können wir irgendwie nachvollziehen, aber wir sind auch der Meinung, dass sie auch aus Respekt dem Land und den Frauen gegenüber über ihren Schatten springen sollte. In den westlichen Ländern haben wir lange für die Rechte und Gleichberechtigung der Frau gekämpft und für uns symbolisiert das Kopftuch Unterdrückung. Lucia und ich halten uns in den vielen bereisten Ländern aus Respekt immer an die Regeln betreffend Kleidung, Fotos und vielen anderen kulturellen Gepflogenheiten.

45 Ansichten

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page