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Bam - spannender Schulbesuch in der gebeutelten Erdbeben-Stadt

Bam befindet sich nah an der afghanischen und pakistanischen Grenze und kennt man vor allem aus den Bildern von den Verwüstungen vom Erdbeben im Jahr 2003. Aufgrund der Hitze und eines grauseligen Zimmers bleiben wir nicht einmal 24 Stunden, doch die uralte Lehm-Stadt und der Besuch in der Englisch-Abendschule bleiben unvergessen.


Mit unserm scheuen aber supernetten Taxifahrer ging es einen Tag in die Wüste.
Das Fort von Bam war trotz Erdbebenschäden sehr beeindruckend.

Englisch-Lehrerin für zwei Stunden - Montag, 29. Mai 2017

Heute wurde ausgeschlafen und nach einem kleinen Frühstück klärten wir an der Rezeption, wann der Bus nach Bam fährt. Natürlich wollen sie uns zum Bleiben überreden, aber wir möchten weiterziehen um noch mehr von diesem faszinierenden Land zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite hat es ein Reisebüro, wo wir ein Ticket für den Bus nach Bam reservieren können. Da die Busfahrt erst am Nachmittag los geht, können wir den Vormittag noch beim Bummeln durch den Bazar geniessen. Wir wollen den Bus in die Stadt nehmen und nach zweimal Fragen befinden wir uns im richtigen Bus (10'000 Rls). Eine alte Frau wird beim Einsteigen von der Bustüre fast eingeklemmt, sie schafft es dann aber doch noch heil in den Bus. Niemand macht ihr Platz zum Sitzen. Deshalb steht Lucia auf und bietet ihr ihren Sitz an, den sie gerne annimmt. Ich versuche mit der im schwarzen Tschador gekleideten Frau zu plaudern und schaffe es doch tatsächlich herauszufinden, wo wir genau aussteigen müssen. Im verwinkelten Bazar sind noch nicht alle Läden offen. Im ersten Gang befinden sich viele Juweliere - es glänzt und glitzert. Vor allem die zukünftigen Bräute decken sich mit entsprechendem Schmuck ein. Wir wandern in diesem "Irrgarten" umher und gelangen zu einem Innenhof mit schöner Wandmalerei an einer alten Moschee.

Die schönsten Läden sehen wir rund um den grossen Innenhof, wo auch wieder eine Moschee steht. Bei den Snack Shops kaufen wir getrocknete Aprikosen (100'000), die sehr fein sind. Auf diesem Bazar hat es auch viele Silber-, Kupfer- und Metall-Töpfe und Platten, die teilweise reich verziert sind. Bei einem Seitenausgang stehen viele Taxis. Einer blasiert sich, er könne Englisch und wir sollen unbedingt mit ihm fahren. Doch als wir eine Frage stellen, ist er mit seinem Latein resp. Englisch am Ende. Wir versuchen ihm dann zu erklären, dass wir zuerst ins Hotel Akhavan (Achavan!) wollen um unser Gepäck abzuholen und danach zum Bus-Terminal gefahren werden möchten. Der fröhliche Mohammed meint, das koste 150'000 Rls, das ist ein guter Preis und wir steigen ein. Mohammed meint, iranische Frauen seien nicht hübsch, aber Europäerinnen seien sehr hübsch. Wir widersprechen ihm klar, denn wir haben schon viele sehr hübsche Iranerinnen getroffen. Das Problem ist nur, das man ihre schönen Gesichter mit den schönen dunkeln Augen leider unter dem Schleier nicht sieht. Als wir beim Hotel ankommen, versteht dann der gute Mohammed gar kein Englisch mehr, als er die 150'000 will und wir ihm sagen, das die Fahrt ja noch nicht zu Ende sei, da dies nur der besprochene Zwischenhalt sei. Ojemine, jetzt fängt er an zu argumentieren und wir sind uns nicht sicher, ob er es tatsächlich nicht verstanden hat oder er sich nur blöd stellt um für eine kürzere Strecke zu seinem Geld zu kommen. Nachdem wir ihm etwa dreimal wiederholt haben, was wir abgemacht haben, wird es uns zu blöd und wir steigen aus. Lucia hält ihm für die Fahrt vom Bazaar zum Hotel 50'000 Rials hin. Mohammed will sie nicht nehmen und stellt auf stur. Wir gehen ins Hotel - Mohamed folgt uns. Im Hotel erkläre ich dem Herrn an der Rezeption, was los ist und er erklärt Mohammed was wir wollen und was abgemacht war. Jetzt klappt es wunderbar und der Taxi-Fahrer ist mit dem Deal einverstanden. Wir nehmen unser Gepäck, das wir hier deponieren durften und Mohammed singt sogar auf dem Weg zum Bus Terminal. Jetzt findet er uns wahrscheinlich auch nicht mehr so hübsch?

Beim Terminal müssen wir nach unserem Bus fragen und natürlich hilft Jeder. Wir lernen zwei nette junge Frauen kennen, die auch nach Bam fahren werden. Wir hängen uns an sie und so sitzen wir auch bald im richtigen Bus. Die zwei sind Schwestern und die jüngere habe Talent zum Malen, die ältere stickt gerne und beide gehen in eine Kunstschule. Im Bus werden wir von den Schwestern gefragt, ob sie mit uns ein Selfie machen dürfen. Aber klar doch!

Die Fahrt von Kerman nach Bam dauert etwa 3 Stunden. Bam hat kein Busterminal, so werden wir an einem Kreisel ausserhalb der Stadt ausgeladen. Unser Taxifahrer, der uns beim Aussteigen angesprochen hat, hat sein Auto weit entfernt parkiert. Er läuft so rasch, dass wir keine Chance haben - nicht bei dieser Hitze. Er will zum rascher Laufen animieren, aber wir bleiben ruhig und gemütlich. Wir haben uns für ein Guesthouse entschieden, das im Tripadvisor sehr gute Bewertungen erhalten hat. Das Tor zum Akbar Guesthouse ist offen, wir treten in den Innenhof und lassen uns beim Tisch mit den gemütlichen Tagesbetten unter einem schattenspenden Baum nieder. Es scheint niemand da zu sein. Wir rufen nochmals und von irgendwo kommt eine Stimme: "Ich bin in der Dusche". Der ältere Herr bringt auch gleich Tee mit. Wir stellen uns vor und unterhalten uns nett mit Mr. Akbar, der in Plauderstimmung ist. Er spricht hervorragendes Englisch. Wir tragen uns in das Registrierbuch ein, danach zeigt er uns unser Zimmer. Wir freuen uns sehr auf eine abkühlende Dusche. Hier in Bam ist es noch heisser als in Kerman - 43 Grad um genau zu sein.

Das Zimmer ist etwas schmuddelig und ich handle den Preis von 30 auf 25 USD runter. Der Teppich hat schon ewig keinen Staubsauger mehr gesehen und jemand hat hier vor nicht all zu langer Zeit Guetzlis gegessen. Die Bettlaken sind auch nicht über alle Zweifel erhaben, aber jetzt müssen wir erstmals die Fetzen loswerden und eine kalte Dusche nehmen. Danach fühlt sich alles viel besser an. Wir gehen wieder hinunter in den einfachen Innenhof. Beim schweren Erdbeben von 2003 wurde die gesamte Stadt dem Erdboden gleich gemacht und fast die Hälfte der 70'000 Einwohner starben damals. Unglaublich traurig! Das heisst, alle Gebäude mussten neu und teilweise natürlich auch sehr schnell aufgebaut werden, so das Quantität wichtiger war als Qualität. Generell blieben natürlich auch die Touristen fern - die rosigen Zeiten sind hier längst vorbei. Das Overland-Business fällt zudem grösstenteils aufgrund der unsicheren Lage in Pakistan weg. Akbar ist trotzdem guter Dinge und schlägt uns vor mit ihm seine Englisch-Schule zu besuchen. Das wäre eine schöne Abwechslung und das könnte doch ganz lustig werden. Also gehen wir mit ihm in die Schule.

Drei junge und hübsche Englisch-Lehrerinnen machen gerade Pause. Sie erholen sich vom anstrengenden Tag, da alle sich strickt an den Ramadan halten (aha, es gibt also doch noch Leute, die ihn praktizieren) und seit Sonnenaufgang noch keinen Schluck getrunken geschweige denn etwas gegessen haben. Eine Meisterleistung bei dieser Hitze. Ob das gesund ist? Lucia und ich werden vorgestellt und wir können uns ein bisschen mit den Lehrerinnen unterhalten. Sie schlagen uns vor, dass wir in die Klassen mitgehen und eine Lektion Konversation mit den ausschliesslich männlichen Schülern (die Schulen sind generell strickt nach Männlein und Weiblein getrennt) mitmachen. Es ist eine Abendschule und die Schüler sind freiwillig hier. Lucia und ich kommen in unterschiedliche Klassen.

Das Alter der Schüler meiner ersten Klasse bewegt sich zwischen 16 und 40 Jahre. Ich werde von der Lehrerin vorgestellt und es wird mitgeteilt, dass der geplante Test zugunsten einer Konversations-Stunde ausfällt. Die Schüler dürfen mir Fragen stellen. Zuerst geht es um Belangloses wie zum Beispiel von wo bist du, wie alt bist du usw. Doch dann geht es ans Eingemachte und ich werde von einem etwa 30-jährigen Schüler gefragt, was ich vom Kopftuch halte. Phuu, da rattert mein Hirn: Wie kann ich vermitteln, dass ich grundsätzlich gegen das Kopftuch bin, ohne dass ich meine Meinung beleidigend sein könnte. Ich befinde mich hier ganz im Osten des Landes, fernab von der modernen Teheran-Metropole, in einer eher konservativen Stadt. Ich möchte also respektvoll reagieren, jedoch meine persönliche Meinung nicht unter den Scheffel stellen. Also erkläre ich mich folgendermassen: Ich bin Gast im Iran und akzeptiere die religiösen Regeln und halte mich selbstverständlich ans Gesetz. Jedoch würde ich mich bei einem Gegenbesuch in unserer westlichen Welt darüber freuen, wenn die Schwester, die Ehefrau, die Tochter das Kopftuch ablegen würde, denn wir haben lange für Frauenrechte gekämpft und es käme mir fremd vor, wenn ein Kopftuch getragen würde. Ich schaue gespannt in die Gesichter der lauschenden Männer ... und siehe da, ich erhalte Zuspruch und noch mehr! "Ich finde das Kopftuch völlig überflüssig." "Es ist eine Diskriminierung." Hui, da bin ich doch sehr überrascht über die Reaktionen. Natürlich gibt es einige, die nicht dieser Meinung sind, diese halten sich jedoch zurück und verfolgen gespannt die Konversation. Als nächste Frage werde ich über meine Meinung zum Ramadan befragt. Hier wieder dieselbe Taktik, indem ich erkläre, dass es einen ähnlichen Brauch auch bei uns Westlern gibt (Fastenzeit vor Ostern), dass er aber bei uns nur selten praktiziert wird und ich die Leute bewundere, die sich bei dieser Hitze an die Regeln des Ramadan halten (können). Wieder wird unter den Männern laut diskutiert und die meisten finden es einfach nur unnötig und vor allem völlig ungesund. Ich sehe mich in meinen Beobachtungen bestätigt - die meisten Iraner verzichten während dem Ramadan nicht auf Essen und Trinken. Die spannende Lektion ist viel zu rasch vorbei und ich willige ein in eine weitere Klasse zu gehen. Diesmal handelt es sich um Teenager und mir wird schon etwas Angst und Bange als die Lehrerin sich vor der Klassenzimmer-Tür verabschiedet, weil sie während der Lektion nicht dabei sein möchte, da sie befürchtet, dass die Klasse so sehr undiszipliniert (da Teenager) sein wird. Was soll denn das bedeuten? Und ich soll diese Rasselbande im Griff haben, oder was? Mulmig begebe ich mich in die Klasse, stelle mich kurz vor und fordere die Klasse auf, mir Fragen zu stellen. Aha, hier interessiert man sich nun für mein Liebesleben. Ich werde befragt, ob ich verheiratet sei? Nein. Und wie viele Freunde ich bis jetzt hatte. Hmmm, da muss ich überlegen ... nein, nicht dass ich in Gedanken zählen musste, denn die Anzahl kann ich an einer Hand ablesen, aber was ich genau sagen soll in einem Land, wo es offiziell keinen Sex vor der Heirat geben darf und man eigentlich mit ein und demselben Partner alt werden sollte (wobei die Scheidungsrate zurzeit jährlich rasant steigt). Ich erklärte also wage, dass ich bereits ein paar Beziehungen hatte. Die Antwort wird schweigend und kopfnickend entgegen genommen. Uff, da bin ich froh, dass da nicht noch weiter gebohrt wird. Auch in dieser Klasse werde ich nicht ohne Selfies und Austausch meiner Instagram-Adresse verabschiedet. Was für eine schöne Erfahrung mit Iranern so nah sich austauschen zu können.

Bei Lucias Klasse, wo sie gleich zwei Lektionen verbringt, wird fast ausschliesslich über Fussball diskutiert. Über Ronaldo, Messi, ihr Lieblings-Team und ob sie Jennifer Lopez kenne und wer ihre Lieblings-Sängerin sei. Also alles Fragen von eher vorpubertären Jungs. Jedoch auch viele Fragen über die Schweiz und warum sie im Iran herumreise. Sie erzählt von den Überland-Touren, wie viele Länder sie bereits habe usw.. Zudem wird über Trump diskutiert, ob sie ihn mag und ob sie den iranischen Präsidenten Rouhani gut findet, ob sie verheiratet sei und welche Haarfarbe die Frauen in der Schweiz haben und vieles mehr. Wow, was für ein Sammelsurium von Fragen. Die letzte Frage war, wer die wichtigste Person auf der Welt sei und sie antwortet natürlich: mein Ehemann. Dafür bekommt sie Applaus von der ganzen Klasse.

Zwischen den zwei Lektionen wird mit dem Ramadan gebrochen, da nun die Sonne untergegangen ist. Alle drei Lehrerinnen halten sich strickt an den Ramadan, das heisst bei einer Hitze von über 40° den ganzen Tag keinen Schluck Wasser trinken. Die ersten paar Tage seien hart. Im Lehrerzimmer gibt es Suppe und Tee - leichte Kost um den Magen auf das spätere ausgiebige Abendessen vorzubereiten. Das war ein unvergesslicher Abend und eine sehr schöne Erfahrung. Unser Gastgeber Akbar, der uns zur Schule begleitet hat, scheint bei den Lehrerinnen sehr beliebt zu sein. Er besucht die Schule jeden Tag und begleitet noch andere Englisch-Abendschulen. Nun fahren wir zurück ins Hostel, wo Akbars Sohn Mohammed auf uns wartet. Er nimmt uns mit zu sich nach Hause, wo es endlich etwas zu Essen gibt. Die Wohnung ist eher kühl, aber modern eingerichtet und sehr sauber. Mohammed hat einen kleinen Sohn, Roham, 3 Jahre alt und eine 5 Monate alte Tochter, die fröhlich quickend am Boden liegt. Mohammeds Mutter ist auch zu Besuch und die Frau von Mohhamed ist fleissig am Kochen. Es gibt Reis und einen Gemüse-Eintopf, dazu Fladenbrot, Jogurt und Gemüse-Pickels. Wie Akbar spricht auch Mohammed sehr gut Englisch und ist sehr sympathisch. Wir unterhalten uns über alte Zeiten. Er ist mit Touristen aufgewachsen und hat die Zeit der Overlander in den 90er Jahren erlebt. Als einziger Sohn des Besitzers eines Guesthouses hat er so einiges erlebt und deshalb auch Fremdsprachen gelernt. Auch die Mutter ist sehr lieb und man merkt, dass alle an westliche Leute gewohnt sind.

Nach 22.00 Uhr fährt uns Mohammed zurück ins Guesthouse. Akbar hat noch iranische Gäste zu Besuch, die sich unter dem grossen Baum auf den Sitzbänken unter der spärlichen Beleuchtung der Glühbirnen bequem gemacht haben und bei Tee miteinander plaudern. Alle scheinen sehr freundlich und nett zu sein, aber für einen weiteren gesellschaftlichen Austausch sind wir einfach zu müde. Zähneputzen und ab ins Bett. Als Lucia das Kopfkissen zur Seite legen will, sind wir beide erschrocken. Oh graus, ein benutztes Taschentuch! Es läuft ihr kalt über den Rücken und stellt ihr alle Haare auf! Das darf doch nicht wahr sein, oder?! Wir glauben, dass das Zimmer seit Wochen nicht mehr geputzt wurde. Wer weiss, wie viele Personen schon in diesem Zimmer gehaust haben, seit es das letzte Mal einen Staubsauger und einen Putzlumpen gesehen hat? Wääähhh! Lucia breitet das zweite Lacken über das Bett aus und sie deck sich mit ihrem Lunghi ab. Frieren müssen wir eh nicht, denn es ist verdammt warm in dieser Wüstenstadt - auch in der Nacht. Uns ist es definitiv unwohl in diesem Zimmer, wir schlafen auch dementsprechend schlecht und unruhig.


Besuch der alten und faszinierenden Lehmstadt - Dienstag, 30. Mai 2017

Erschlagen vom schlechten Schlaf stehen wir trotzdem bereits um 06.00 Uhr auf um rechtzeitig vor der grossen Hitze bei der Zitadelle zu sein. Wir sind richtig gerne aufgestanden. Eine zweite Nacht werden wir in diesem Zimmer nicht mehr verbringen. Wir ziehen uns an und packen schon mal unsere Rucksäcke. Dann machen wir uns zu Fuss auf den Weg in Richtung Zitadelle. Den gesamten Weg zu Fuss zu gehen wäre zu lang, aber wir gehen davon aus, dass wir unterwegs auf ein Taxi treffen werden. Wir halten also Ausschau, da hält schon ein Mann mit seiner Tochter auf dem Beifahrersitz an. Die Tochter kann Englisch und fragt, ob wir zur Zitadelle von Arg-e Bam wollen. Wir bejahen und erhalten schon eine Einladung einzusteigen. Die Tochter hat heute Examen und wird von ihrem Vater in die Schule chauffiert und ihre Schule ist nicht weit entfernt von der touristischen Sehenswürdigkeit. Sie laden uns direkt vor dem grossen Tor ab. Die Tochter teilt uns noch mit, dass ihr Vater sagt, wir sollen auch für die Rückfahrt unbedingt einen Transport organisieren. Weshalb er uns das ans Herzen legt, wissen wir nicht. An der Sicherheit kann es definitiv nicht liegen, aber wir vermuten dass es aufgrund der Tageshitze liegt, denn die Temperaturen steigen auf weit über 40°.

Arg-e Bam ist der grösste Lehmbau der Welt. Der Ort war ursprünglich eine Oase und wurde um 642 von den Arabern besetzt. Im 10. Jahrhundert wurde die Zitadelle gebaut und bekam das Zentrum für Textilherstellung und Handel. Später, im 19. Jahrhundert, wurde ca. 2 km ausserhalb der Lehmmauern das neue Bam gegründet. Die Zitadelle wurde dann als Militäranlage benutzt und nun ist es ein Anziehungspunkt für Touristen. Doch während unserem 1 1/2 stündigen Aufenthalt sehen wir keinen einzigen Touristen ... ich glaube wir sind die einzigen Touristen, die sich in dieser Jahreszeit in diese heisse Stadt verirrt haben. Die Zitatelle wird zurzeit von der Unesco wieder aufgebaut und restauriert, denn sie wurde im grossen Erdbeben von 2003 praktisch vollständig zerstört.

Schon beim Eingang sehen wir, dass noch viel Arbeit ansteht, damit die Zitadelle wieder im alten Glanz erstrahlt. Viele Arbeiter hangeln auf den einfachen Holzgerüsten herum. Alle sind - wie kann es anders sein - super freundlich und winken uns jeweils zu. Englisch kann Niemand. Als wir an einer Werkstatt vorbei laufen, winkt uns der Schreiner zu sich hinein und zeigt uns seinen Arbeitsplatz. Ein paar Meter weiter vorne gestikulieren zwei Arbeiter und zeigen uns, wie sie das Gemisch für die Mauern machen. Es besteht vor allem aus viel Dreck/Lehm und Heu und etwas das aussieht wie weisser Sand. Nun stehen wir vor dem grossen Tor der eigentlichen Zitadelle. Unter dem Torbogen stehen ein paar Arbeiter, die Wasser trinken. Sie bieten uns auch welches an, das ich dankbar annehme, denn sträflicherweise habe ich eindeutig zu wenig Wasser mitgenommen. Nach dem Tor stehen wir auf einem schönen Platz, der von vielen Bogenfenstern umrahmt ist. Von hier aus hat man eine gute Sicht auf das ehemalige Lehmdorf am Fusse der Zitadelle. Der Erdbeben-Schaden ist beträchtlich. Der Turm auf der Burg ist total beschädigt und noch nicht wieder aufgebaut. Zurück im Lehm-Dorf treffen wir auf einen weiteren Arbeiter, der für uns als Tourguide agiert. Er öffnet eine Schranke und führt uns gestikulierend umher (auch er spricht kein Wort Englisch). Einer aus dem Renovations-Team öffnet für uns sogar die Türe zur "Schatzkammer". Teller und Töpfe in verschiedener Formen und Grössen, die man in den verschiedenen Häusern gefunden hat. Nun verabschieden wir uns von den winkenden

Arbeitern. Auf dem Turm beim Ausgang tanzt ein Arbeiter fröhlich auf den Zinnen und verabschiedet sich mit einem breiten und freundlichen Grinsen. Was für eine schöne Erfahrung und wir werden wieder einmal in unserem generellen Eindruck bestätigt: die Iraner sind das freundlichste Volk.

Wir gehen Richtung Bazaar, kaufen noch Wasser und Coca-Cola für die Busfahrt. Der alte Bazaar ist völlig zerstört und der Wiederaufbau hat noch keinen grossen Fortschritt gemacht. In der Nähe wurde jedoch eine schöne Strasse mit vielen Läden gebaut. Man kann unter den Arkaden im Schatten gehen und die Trottoirs sind auch hier schön breit.

Nun nehmen wir ein Taxi zurück ins Hotel. Akbar und Mohammed sitzen unter dem Wellblechdach auf den Takhts (niedriger Sitztisch - Takht bedeutet eigentlich Thron). Akbar serviert uns Tee und wir fragen nochmals nach dem Bus nach Yazd. Mohammed meint dann, dass es einfacher sei ein Sammeltaxi nach Kerman zu nehmen, weil von dort aus mehr Busse nach Yazd fahren als von Bam. Wir eröffnen den beiden Herren, dass wir bereits heute abreisen werden. Lucia und ich haben auch beschlossen etwas zu sagen bezüglich des schmutzigen Zimmers und speziell wegen dem Taschentuch unter dem Kissen. Ein klares Zeichen, dass sie die Bettlacken nicht gewechselt wurden, was wir als sehr unhygienisch und einfach grauselig empfanden. Wir haben nichts gegen einfache Unterkünfte, aber es muss mindestens sauber sein. Lucia spricht das Problem sehr nett an und erklärt Akbar, warum wir so schlecht geschlafen haben. Diese Reklamation fällt uns nicht leicht, denn die Leute sind soooo nett. Akbar’s Reaktion ist sehr positiv und auch intelligent seinerseits. Er sagt Danke, dass wir ihm das sagen und nicht einfach abreisen und vielleicht noch eine schlechte Kritik über ihn und seine Unterkunft in den Internet-Reise-Portalen platzieren. Sofort offeriert er uns ein anderes Zimmer und möchte uns zum bleiben überreden. Aber uns ist es ganz einfach auch zu heiss in Bam. Wir denken, dass wir in Yazd - unserem nächsten Ziel - mehr machen können und lieber dort drei Nächte bleiben.

Akbar fährt uns netterweise zum Sammel-Taxi-Stand und wir bekommen schnell Platz in einem Gefährt. Wir beobachten wie ein Mann grad von einem Polizisten in Handschellen abgeführt wird. Ui, gar nicht lustig, wenn man im Iran in Polizeigewahrsam kommt. Eine Frau sitzt bereits auf der Rückbank des Taxis, ein Mann sitzt auf dem Beifahrersitz. So passen wir tiptop ins Taxi, denn die beiden Geschlechter dürfen niemals direkt nebeneinander sitzen. Mit 100 Sachen brausen wir in Richtung Kerman. Wir fahren durch einige Polizeikontrollen, aber alles läuft glatt. Der Mitfahrer hilft uns dem Fahrer klar zu machen, dass wir zum Bus-Terminal in Kerman möchten und verhandeln gleich den Preis. Für 400'000 Rials kommen wir also von Bam zum Bus-Terminal (80'000 extra für den Terminal).

Auf dem Terminal kommen uns sofort "Vermittler" entgegen und so haben wir eins zwei ein Ticket nach Yazd. Es ist jetzt 12.30 Uhr und unser Bus fährt um 13.15 Uhr. Genug Zeit um noch Snacks einzukaufen und die Toilette aufzusuchen. Der Verkäufer am Snack-Stand ist sehr sympathisch und kann sogar ein bisschen Englisch. Wir sehen einen gut gekleideten Herrn, der mit Bodyguard in einem dunkelblauem Overall mit Maschinen-Gewehr über der Schulter durch das Terminal läuft. Somebody very VIP?

Um die vorgesehene Abfahrtszeit ist noch weit und breit kein Bus in Sicht. Um 13.45 Uhr ist immer noch kein Bus da und Niemand informiert uns ... eher ungewöhnlich im Iran, denn die Busse fahren meist sehr pünktlich ab und falls nicht, wird man umgehend informiert. Doch dann tut sich langsam etwas und das Gepäck wird verladen. Wie so oft ist der Bus nicht voll und wir laden unterwegs noch Fahrgäste ein. Jeweils vor den Polizeikontrolle kontrolliert der Busbegleiter ob wir auch alle angegurtet sind. Bei der zweiten Kontrolle besteigt ein Polizist sogar den Bus und schaut sich jeden Passagier genau an. Wir sind die einzigen ausländischen Touristen im Bus und er sagt zu uns: Pass zeigen! Er nimmt unsere Pässe mit nach draussen. Ein paar Minuten später bringt uns der Busbegleiter unsere Pässe wieder zurück. Uff, somit also alles gut.

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